Rückschau Preisverleihung

Donnerstag, 9. Januar 2014

Festakt für Isabel V. Hull, Ludwig-Maximilians-Universität München

Im Beisein der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Frau Prof. Dr. Johanna Wanka, und des amerikanischen Generalkonsuls in München, William E. Moeller, hat die Historikerin Isabel V. Hull am 9. Januar 2014 den Internationalen Forschungsförderpreis der Max Weber Stiftung beim Historischen Kolleg entgegengenommen. Die feierliche Preisverleihung fand in der Aula der Ludwig-Maximilians-Universität München statt.

Der Präsident der Max Weber Stiftung, Heinz Duchhardt, übergab die Urkunde und erläuterte in seinem Grußwort die Konzeption des neuen Preises. Er zeichnet Persönlichkeiten aus, die in markanter und nachhaltiger Weise den internationalen wissenschaftlichen Austausch – insbesondere zwischen den Ländern und Regionen der Institute der Max Weber Stiftung und Deutschland – befördern.

Bundesministerin Johanna Wanka führte in ihrem Grußwort aus, dass die zehn weltweit tätigen Auslandsinstitute der Max Weber Stiftung, die das BMBF institutionell fördert, seit vielen Jahren zur internationalen Verständigung und Vernetzung beitragen. Die deutschen Auslandsinstitute fördern dadurch nicht nur die wissenschaftliche Zusammenarbeit, sondern auch das Verständnis, die Offenheit und die Bereitschaft, gemeinsam die künftigen Herausforderungen der Globalisierung zu meistern.

Sie bezeichnete das Historische Kolleg als einen ganz besonderen Ort der wissenschaftlichen Arbeit. Es gewährt nationalen und internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern Freiraum zum Nachdenken und Schreiben. Für die Erweiterung des eigenen Horizonts ist das genauso wichtig wie für die neuen Impulse, die davon für die gesamte Wissenschaftswelt ausgehen.

Die Münchner Historikerin Margit Szöllösi-Janze betonte in ihrer Laudatio: „Isabel Hulls Publikationen zeigen, wie innovativ deutsche Geschichte des 18. und des ‚langen’ 19. Jahrhunderts geschrieben werden kann, wenn man neue, konsequent aus der archivgestützten Forschung entwickelte Fragen an sie richtet, dies aber vor dem Hintergrund der konzeptionellen Fortentwicklung des Fachs, vor allem aber der eigenen Arbeiten tut. Und ihre Publikationen zeigen auch, wie in ihnen die deutsche und die angloamerikanische Geschichtswissenschaft miteinander in Dialog treten, wie produktiv sich die Geschichtskulturen in der konkreten historischen Forschung verbinden.“

Mit dem Internationalen Forschungsförderpreis werden herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für ihr bisheriges Gesamtschaffen ausgezeichnet, die sich in vorbildlicher Weise um international ausgerichtete, geistes-, sozial- und kulturwissenschaftliche Forschung verdient gemacht haben. Der Internationale Forschungsförderpreis ist mit 30 000 Euro dotiert und mit der Durchführung eines internationalen Kolloquiums verbunden, das zum Völkerrecht im Ersten Weltkrieg vom 12. bis 14. Februar 2014 am Historischen Kolleg in München durchgeführt wird.

Die Historikerin Isabel V. Hull, die in Yale mit einer Studie zum Wilhelminischen Kaiserreich promoviert wurde, ist gegenwärtig John Stambaugh Professor of History am Department für Geschichte der Cornell University in Ithaca, USA.

Ihre Forschungsinteressen liegen in der deutschen Geschichte seit dem 18. Jahrhundert. Ihr Werk ist gekennzeichnet von einer großen thematischen Breite und von einer bemerkenswerten methodologischen Vielfalt und Originalität. Ihr mit mehreren Preisen ausgezeichnetes Werk  "Sexuality, State and Civil Society in Germany, 1700-1815" (1996) schlüsselt die Entstehung der bürgerlichen Gesellschaft aus geschlechtergeschichtlicher Perspektive auf und verknüpft diesen Vorgang mit der bürokratischen Praxis staatlicher Institutionen.

Internationales Aufsehen erregte ihr im Jahr 2004 erschienenes Buch "Absolute Destruction: Military Culture and the Practices of War in Imperial Germany". Darin entwickelt Hull die These, dass sich seit dem Krieg 1870/71 eine spezifische deutsche military culture entfaltet habe, die zu einer Radikalisierung und Verselbständigung militärischer Gewalt bis hin zur restlosen Vernichtung des Gegners oder des eigenen Untergangs geführt habe. Das Buch löste eine intensive Debatte aus, die weit über militärgeschichtliche Fachkreise hinausging.